Achtsamkeit heißt nicht egozentrisch sein!
Achtsamkeit, engl. mindfulness, ist trendy. Immer mehr sprechen und posten darüber. Man arbeitet an seinem mindset, geht mindful arbeiten, ja sogar mindful laufen und essen. Doch manche scheinen hierbei etwas falsch zu verstehen.
In der Apotheke und in den sozialen Medien beobachte ich seit Jahren eine wachsende Zahl von Menschen, die mit ihrem Leben nicht (mehr) klar kommen. Ganz besonders erdrückend finde ich, dass zunehmend auch junge Menschen davon betroffen sind. Mindfulliving erscheint da als Anker in der Not. Doch Achtsamkeit bedeutet nicht, jetzt zähl nur ich und nicht die anderen. Es ist ein Bewusstseinszustand, der einen mit sich selbst ins Reine bringt und den Umgang mit anderen Menschen auf eine neue Ebene hebt. Das muss man lernen. Am besten mit einem gut ausgebildeten Therapeuten.
Doch die Realität sieht für mich anders aus. Ich habe den Eindruck, je „achtsamer“ manche Leute werden, umso unzuverlässiger und emotional abgegrenzter werden sie gegenüber anderen Menschen. Entweder hatten sie keinen guten Therapeuten oder haben versucht, sich alles selbst beizubringen. Zur Achtsamkeitspraxis gehört es, Grenzen zu setzen. Niemand kann, darf und sollte sich endlos für andere aufzehren. Aber es funktionieren die einfachsten und wichtigsten Dinge nicht mehr. Die Basis des menschlichen Miteinanders. Vertrauen, Kommunikation, Freundschaft und Familie. Es ist wichtig, sich mit sich und seinen Problemen zu beschäftigen und diese in den Griff zu bekommen. Doch vergesst nicht die einfache Formel Actio=Reactio. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Viele Probleme im privaten und geschäftlichen Umfeld entstehen dadurch, wie wir mit anderen umgehen. Es sind nicht immer nur die anderen schuld.
Wenn falsch verstandene Achtsamkeit zur Egozentrik führt, werden sich Probleme nicht lösen lassen, sondern werden nur noch schlimmer. Für das Glück und den Erfolg, privat und beruflich, ist das Miteinander mit anderen Menschen unabdingbar. Es sei denn, ihr lebt bewusst als selbstversorgender Einsiedler.
Was ich mir für 2019 wünsche? Wieder mehr Miteinander, Vertrauen und Verlässlichkeit. Geht aufeinander zu, redet miteinander. Nicht per Messenger. Am Telefon oder von Auge zu Auge, so wie früher.
Alles Liebe Euer Andreas Binninger