Vitamin A – Wann droht ein Mangel?
Den meisten ist das fettlösliche Vitamin A vor allem ein Begriff als das Vitamin schlechthin für die Augen. Seine chemische Bezeichnung lautet Retinol. Für die Augen ist es so wichtig, weil es ein Bestandteil der Sehpigmente ist, die für das Dämmerungssehen sowie das Sehen bei Helligkeit und von Farben notwenig sind. Ein Mangel äußert sich folglich in Nachtblindheit und Sehstörungen bei Tage.
Vitamin A im Immunsystem
Doch der Stoff erfüllt noch weitere wichtige Aufgaben. Im Immunsystem fördert er u.a. die Bildung von Antikörpern gegen Krankheitserrreger und die Bildung von Fress- und Killerzellen. Darüber hinaus ist Retinol ein wichtiger Faktor bei der Fortpflanzung und Kindesentwicklung im Mutterleib, da eine normale Zellteilung ohne dieses Vitamin nicht möglich ist. Nicht nur das, dies betrifft auch Zellteilungen im Laufe des weiteren Lebens, zum Beispiel bei den sich regelmäßig erneurnden Zellen in Haut und Schleimhäten. Eine gesunde Schleimhautstruktur ist von einer ausreichenden Versorgung mit dem Vitamin abhängig. Führt man sich vor Augen, dass die Darmschleimhaut unser größtes Immunorgan darstellt, lässt sich unschwer erkennen, was ein Mangel an Retinol für Folgen haben kann.
Woher bekommen wir das Vitamin
Die besten natürlichen Quellen für das „fertige“ Vitamin sind tierische Nahrungsmittel wie Milch, Milchprodukte und Eier. Den höchsten Gehalt finden wir in Leber, da diese als Speicherorgan für das Vitamin fungiert. Wenn tierische Lebensmittel nicht zur Verfügung stehen oder darauf verzichtet wird, hat unser Körper ein Alternativprogramm. Der menschliche Organismus kann aus zahlreichen sogenannten Carotinoiden selber Retinol herstellen. Diese Stoffe werden deshalb auch als Provitamin A bezeichnet. Carotinoide sind orange, rotorange und rote Farbstoffe in vielen farbigen Gemüsen.
Wann droht Mangel
Bei einer ausgewogenen Ernährung kommt es in der Regel nicht zu einem Mangelzustand. Mangel droht insbesondere bei sehr einseitiger Ernährung mit dem Verzicht auf die vorgenannten Lebensmittel, bei häufigem Nahrungsverzicht aufgrund von Erkrankungen (Appetitlosigkeit) oder strengen Diäten, bei Magersucht oder Sportlern, die sich auf ein leichtes Gewicht runterhungern. Im Sport ist dieses Problem besonders bei Skispringern oder gymnastischen Disziplinen bekannt. Ein weiteres Risiko kann eine extrem fettarme Ernährung darstellen. Da Sowohl Retinol als auch die Provitamine, die Carotinoide, fettlöslich sind, ist eine optimale Aufnahme über den Darm an das Vorhandensein von Nahrungsfetten gebunden. In diesem Zusammenhang muss man Medizinprodukte, die die Aufnahme von Fetten aus dem Darm verhindern sollen, um Kalorien zu sparen, sehr kritisch sehen. Wird kein Fett aufgenommen, dann auch die Vitamine nicht. Überhaupt sollte endlich Schluss damit sein, Fett für das weit verbreitete Übergewicht verantwortlich zu machen. Wir können ohne Kohlenhydrate überleben, aber nicht ohne Fett und Eiweiß.
Wie bei allen anderen essentiellen Nährstoffen auch, kann ein Mangel auch durch erhöhten Verbrauch, der nicht ausreichend über die Nahrung gedeckt wird, verursacht werden. Zum Beispiel durch intensiven Ausdauersport oder eine Schwangerschaft. Eine gute Versorgung mit Provitamin A gehört zum Schutz eines ungeborenen Kindes ebenso zum Pflichtprogramm, wie Jod und Folsäure.
Mangel durch Arzneimittel
Flüssiges Paraffin wird als Gleitmittel bei Verstopfung eingesetzt. Oral aufgenommen wird es nicht in den Körper aufgenommen. Daher erleichtert es über eine physikalische Wirkung den Stuhlgang. Weil es jedoch die gleichen lösenden Eigenschaften wie natürliche Fette und Öle aufweist, finden wir im Paraffin auch fettlösliche Vitamine wieder, die so dem Speisebrei entzogen werden. Ein zu häufiger oder missbräuchlicher Gebrauch von Paraffin kann daher zu Mangel führen.
Zu den Medikamenten, die einen Mehrverbrauch auslösen können, der zu einem schleichenden Mangel führt, gehören die Cholesterinsenker aus der Stoffgruppe der Statine, zum Beispiel Simvastatin.
Womit am besten vorbeugen
Insbesondere bei Diäten, einseitiger Ernährung sowie in der Schwangerschaft und bei Kinderwunsch solltet Ihr auf eine ausreichende Zufuhr von Carotinoiden achten. Also viel buntes Gemüse essen. Ferner profitieren Patienten mit Statinen, Leistungssportler und ambitionierte Amateursportler mit großem Trainingsumfang ebenfalls von einer überdurchschnittlich guten Versorgung. Wichtig ist, es sollte immer Fett mit von der Partie sein. Besser als rohe Möhren alleine, ist also zum Beispiel ein Möhrensalat mit Pflanzenöl. Wenn euch die entsprechenden Lebensmittel nicht zusagen, ihr diese nicht vertragt oder nur geringe Mengen davon esst, könnt ihr zum Ausgleich auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen. Diese enthalten in der Regel Provitamin A. Das „fertige“ Vitamin A ist als Nahrungsergänzung weniger geeignet und mit Vorsicht zu genießen. Aufgrund seiner Fettlöslichkeit kann es sich im Körper anreichern und bei Überdosierung toxisch wirken. Hier kann ich nur dringend empfehlen, lasst euch am besten beraten, wenn ihr mit den Angaben auf der Verpackung nichts anfangen könnt.
Alles Liebe und bleibt sportgesund!
Euer Apotheker Andreas Binninger