Warum zuckerfrei auch Übergewicht machen kann
Steht auf einem Lebensmittel zuckerfrei, ist der spontane Gedanke bei Verbrauchern oft, dass in diesem Produkt viel weniger Kalorien enthalten sind, als in vergleichbarer zuckerhaltiger Ware. Doch das ist ein Trugschluss.
Zucker liefert nicht nur Süße, sondern hat auch wasserbindende und in hoher Konzentration wachstumshemmende Eigenschaften gegenüber Mikroorganismen. Darüber hinaus hat Zucker ein nennenswertes Eigenvolumen. Er lässt sich deshalb nicht so ohne Weiteres nur durch Süßstoffe in einer Rezeptur ersetzen. Andere Hilfsstoffe müssen her für die Haltbarkeit und Fülle. In vielen Produkten hat sich deshalb inzwischen eine Mischung aus Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen etabliert. Auch geschmacksneutrale Kohlenhydrate wie das Maltodextrin kommen zum Einsatz. Das bringt es mit sich, dass Süßwaren mit Zuckeraustausch immer noch einen erheblichen Kaloriengehalt aufweisen können. Zum Vergleich: Die zuckerhaltigen Bonbons einer bekannten Apothekenmarke enthalten durchschnittlich 385kcal/100g, die zuckerfreie Alternative 235kcal/100g. Das sind immer noch 60{5cff393ac6e9d9bcd516bee1cb40dba1a54fcac67484b3672b7852825761de21} Prozent des ursprünglichen Energiegehaltes. Wer also vermeintlich glaubt, reuelos mehr genießen zu können, hat am Ende nichts gewonnen. Einen kurzen Überblick über Zuckerersatzstoffe und weitere Informationen findet ihr im nachfolgenden Beitrag.
Zuckerfrei durch Süßstoffe
Wir unterscheiden zwei Gruppen. Zum einen die Gruppe der Süßstoffe. Hierbei handelt es sich um künstlich hergestellte oder aus der Natur stammende Stoffe, die die Zuckergeschmacksrezeptoren in der Zunge stimulieren und hierdurch den Zucker „nachahmen“. Ihre Süßkraft ist erheblich höher, als die von Zucker, sodass bereits Mengen im Milligrammbereich ausreichen, um eine Süßung von Speisen und Getränken herbeizuführen. Aufgrund dieser geringen Menge fehlt bei ihrem Einsatz in der Lebensmittelherstellung Volumen, das z.B. bei Backwaren mit anderen Zusatzstoffen aufgefüllt werden muss.
Die bekanntesten Vertreter der künstlichen Süßstoffe sind Saccharin, Cyclamat, Acesulfam und Aspartam.
Künstliche Süßstoffe sind immer wieder umstritten, wegen möglicher Gesundheitsrisiken. Letztenendes gilt für diese Substanzen das Gleiche, wie für fast alles in unserem Leben, ein übermäßiger Verzehr sollte vermieden werden. Im Rahmen der empfohlenen täglichen Höchstmengen, gelten die in der EU zugelassenen Süßstoffe als unbedenklich.
Nachteilig bei den Süßstoffen ist, dass sie einen leichten Beigeschmack auslösen können.
Zuckeraustauschstoffe
Die zweite Gruppe sind die Zuckeraustauschstoffe. Hierbei handelt es sich zumeist um sogenannte Zuckeralkohole. Sie schmecken ähnlich wie Zucker, haben jedoch rund ein Drittel weniger Kalorien. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie unabhängig von Insulin verstoffwechselt werden und keine Karies fördern. Darüber hinaus können sie aufgrund ihres Volumens Zucker in Süßwarenrezepturen leichter ersetzen, als Süßstoffe. Nachteilig ist, dass ihre Süßkraft geringer ist, als die von Haushaltszucker. Nimmt man mehr, um die gleiche Süße zu erreichen, ist daher der Kalorienvorteil wieder hin. Ferner werden die Moleküle nur langsam aus dem Darm aufgenommen, wo sie Wasser binden können. Bei mehr als 20g täglich können deshalb bereits weiche Stühle bis hin zu Durchfällen auftreten.
Zuckeralkohole findet man in der Natur u.a. in verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, Pilzen und Algen, aus denen sie gewonnen werden können. Größere Mengen werden jedoch auch mit industriellen Verfahren hergestellt. Die bekanntesten Vertreter sind Sorbit, Mannit und Xylit. Neben ihrer Süßkraft werden die Zuckeralkohole in der Lebensmittelindustrie für ihre feuchthaltenden Eigenschaften geschätzt. Für Xylit konnte ferner in Untersuchungen eine kariesreduzierende Wirkung festgestellt werden, weshalb er gerne in Zahnpflegekaugummis eingesetzt wird.
Mein Fazit
Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe haben auch Schattenseiten. In der Praxis zeigt sich oft, dass sie nicht helfen, sich dauerhaft vor Übergewicht zu schützen, da Produkte damit oft immer noch reichlich Kalorien enthalten. Darüber hinaus regen sie so wie zuckerhaltige Waren den Appetit, den Süßhunger an, was wiederum zu einem Mehrverzehr führt. Ich stehe deshalb auf dem Standpunkt, wer einen aktiven Lebensstil mit regelmäßiger körperlicher Betätigung und gesunder Ernährung pflegt, kann sich in Maßen auch mal etwas Zucker gönnen. Die Menge macht das „Gift“. Mir ist das lieber, als ein womöglich umstrittener Süßstoff.
Alles Liebe und bleibt sportgesund!
Euer Apotheker Andreas Binninger
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