Das Märchen vom ungesunden Fleisch
Kennt Ihr den Roman Collector von Markus Heitz? Was dieser Science Fiction Roman mit unserer Ernährung zu tun hat, fragt Ihr Euch jetzt? Nun, es geht in der Geschichte um Außerirdische, die die Menschen für sich als Eiweißquelle entdeckt haben. Sie hegen und pflegen sie, geben sich als Freunde aus, doch still und heimlich züchten sie die Menschen in großen Anlagen als Futter.
So verstörend die Geschichte auch sein mag, konfrontiert uns der Roman auf perfide Art und Weise mit einem Problem, das wir Menschen selber haben. Ich weiß natürlich nicht, ob Heitz es im Sinn hatte, uns mit diesem Roman einen Spiegel vorzuhalten. Aber eines ist klar. Der Mensch braucht wie die Außerirdischen in diesem Buch ebenfalls zwingend Eiweiß zum Überleben, da einige Aminosäuren (Bausteine der Eiweiße) für ihn essenziell sind. Was der Mensch auch noch braucht, sind Fette, weil mehrere Fettsäuren für ihn essenziell sind. Was der Mensch jedoch definitiv nicht zwingend zum Überleben braucht, sind große Mengen Kohlehydrate. Denn der Mensch ist in der Lage, ausreichend Energie für sich aus Fetten und Eiweiß zu gewinnen und muss nicht Massen an Kohlehydraten zu sich führen, wie immer noch von einigen Ernährungsgesellschaften empfohlen wird. Ganz im Gegenteil. Kohlehydratreiche Lebensmittel haben gegenüber Fett und Eiweiß vor allem einen Vorteil, sie sind heutzutage leicht und billig zu gewinnen und machen schnell satt. Demgegenüber jedoch steht eine stetig steigende Zahl an Diabetikern, deren Körper den Kampf gegen die Kohlehydratmassen verloren hat.
Unsere Vorfahren, als sie noch Jäger und Sammler waren, ernährten sich vor allem von Fleisch, Fisch, Insekten, Kräutern, Pilzen, Nüssen, Eiern, Wurzeln und Beeren. Kohlehydrate waren in dieser Nahrung nur wenig vertreten.
Unbestritten sind Kohlehydrate ein schneller Energielieferant, der in bestimmten Situationen Erfolg verspricht. Die reinen Fleischfresser unter den Säugetieren, benötigen in der Regel nach einer intensiven Jagd, mit oft hohem Tempo, eine längere Ruhepause, um ihre Mahlzeit zu verdauen und die Energiespeicher wieder aufzufüllen, die sie bei der anstrengenden Jagd geleert haben. Der Mensch hingegen, konnte noch nie mit dem Tempo dieser Räuber mithalten. Seine Spezialität war und ist aber dafür die Ausdauer. Er hat mit der Zeit gelernt, dass er mit der Aufnahme von Kohlehydraten leicht und schnell für Nachschub sorgen kann, wenn das Glykogen der Muskeln aufgebraucht ist oder um seine Energiereserven zu schonen. Ein Faktor, der ihm durchaus einen Vorteil bei der Aufrechterhaltung seiner Ausdauerleistung verschafft, wenn es darauf ankommt. Und um die Quellen dieser Energie leicht zu finden, hat die Natur ihm eine ausgeprägte Süßgeschmacksempfindung mitgegeben. Süß bedeutet für den Menschen leicht gewonnene Energie. Der Süßgeschmack löst deshalb auch Glücksgefühle aus und aktiviert das körpereigene, hormonelle Belohnungssystem. Für uns leider fatal. Denn wir gewöhnen uns hierdurch nur allzu schnell an hohe Kohlehydratmengen. Und so kann man es schon als Kohlehydratsucht bezeichnen, was viele Menschen dazu verleitet, ständig zu Süßem greifen zu müssen. Hingegen „verlernt“ der Körper zunehmend unter dieser übermäßigen Kohlehydratzufuhr, die Energie aus Fetten zu gewinnen.
Was also bei unseren Vorfahren tatsächlich noch eine rare, geschätzte und nützliche „Belohnung“ aus der Natur war, haben wir uns heute tagtäglich im Übermaß zugänglich gemacht. Und hatten unsere Vorfahren das Glück, kohlehydrathaltige Lebensmittel zu finden, so sorgte ihr aktiver Lebensstil wenigstens noch dafür, dass sie sie zeitnah wieder verbrannten. Wir hingegen futtern und trinken uns mit Unmengen an Kohlehydraten in Form von Backwaren, Süßigkeiten, Süßgetränken und Knabbereien dick und krank.
Ob gewollt oder nicht, für mich ist Heitz´ Roman eine treffende Allegorie, die unser ganzes Ernährungsdilemma aufzeigt. Es ist eine unbequeme Wahrheit. Der Mensch braucht aus evolutionsbiologischer Sicht an erster Stelle Eiweißnahrung und eine optimale Quelle für ihn war und ist Fleisch. Kaum ein anderes Lebensmittel mit hohem Eiweißanteil liefert vergleichbar viele hochwertige und gut verfügbare Nährstoffe, die für den Menschen von Bedeutung sind. Angefangen von den richtigen Aminosäuren, über Vitamin B12, bis hin zum leicht erschließbaren Eisen und verschiedenen Fetten, ist Fleisch ein universelles Lebensmittel für den Menschen.
Wie die Außerirdischen in Collector, haben wir jedoch das große Problem, ausreichende Mengen, in guter Qualität zu beschaffen. Unsere modernen Tierzuchtanlagen gleichen den Menschenfabriken der Romanvorlage. Die Qualität unserer Fleischprodukte, lässt jedoch sehr zu wünschen übrig. Durch künstliches Tierfutter, Antibiotika und andere Schadstoffe, die von den Tieren aufgenommen werden, sind große Mengen unserer Fleischwaren nicht mehr als gesund zu bezeichnen. Mal von den Verarbeitungsmethoden und fragwürdigen Zusatzstoffen in Wurstwaren ganz abgesehen. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen aus ethischen und gesundheitlichen Gründen den Verzehr von Fleisch ablehnen.
Mit dem Wissen, das wir heute über Mikronährstoffe haben, ist es kein Problem mehr, sich für eine Ernährung ohne Fleisch und tierische Produkte zu entscheiden. Wir kennen die Risiken für mögliche Mangelerscheinungen und können diesen mit der richtigen Zusammenstellung an Lebensmitteln und Supplementen begegnen. Dennoch finde ich es befremdlich, dass ein Lebensmittel, dass seit Urzeiten zum Speiseplan des Menschen gehört und an das er angepasst ist, heutzutage pauschal als ungesund bezeichnet wird. Ich bin der Meinung, dass es vor allem die Zusammenstellung unseres Speiseplans ist, die ungesund ist und nicht das Fleisch als solches, sofern es natürlich von guter Qualität ist.
Aufzeigen möchte ich meine Überzeugung am Beispiel der Übersäuerung. Ein Begriff, der inzwischen den meisten, die sich mit Gesundheit und gesunder Ernährung beschäftigen, begegnet sein dürfte. Wir wissen, dass ein Säureüberschuss im menschlichen Körper eine ganze Reihe von Gesundheitsstörungen verantworten kann. In einem Gesundheitsportal im Internet fand ich folgenden Text, Zitat: „Wir jedoch essen oder tun heutzutage Dinge, die unserem Organismus Kummer bereiten und ihn dadurch übersäuern. Die Übersäuerung des Körpers wird massgeblich durch den Verzehr säurebildender Nahrungsmittel und einer ungünstigen Lebensweise beschleunigt.“ Auf der nachfolgenden Liste säurebildender Lebensmittel finden sich dann u.a.: „Tierische Eiweisse wie Fleisch, Wurst, Fisch und Eier, Milch und die meisten Milchprodukte, Sojaprodukte, Teig- und Backwaren, Süssspeisen.“
Natürlich ist es richtig, dass Fleisch zu den säurebildenden Lebensmitteln gehört.
Würden wir jedoch wie unsere Vorfahren Fleisch vornehmlich mit Gemüse, Kräutern und Salat kombinieren, hätten wir genügend Basenbildner zum Ausgleich und bräuchten uns darüber keine Gedanken machen. Was hier und da ein wenig abfällig als Bodybuildermahlzeit abgetan wird, Steak mit Salat, ist für mich die Art von Ernährung, die schon unsere Vorfahren praktiziert haben und die unserem Stoffwechsel gut tut.
Leider hat sich bei uns ja eher quasi eine Trilogie des Essens durchgesetzt. Fleisch plus zwei Beilagen. Ein Teller Gulasch mit Spätzle und Salat, ist so ein richtig schönes Beispiel aus zwei säurebildenden und einer basenbildenden Komponente, an dem deutlich wird, dass es oft wirklich nur unser Essverhalten und unsere Speisenzusammenstellung ist, die uns krank macht.
Wenn jemand aus ethischen Gründen auf Fleisch verzichten möchte, sollte sich niemand anderes anmaßen, das zu verurteilen. Doch aus gesundheitlicher Sicht, sehe ich jedenfalls keine Notwendigkeit für einen Verzicht. Dass Fleisch generell ungesund sei, ist für mich schlicht ein Märchen. Nur sollte niemand erwarten, für kleines Geld beim Discounter gute Qualität zu bekommen. Freilaufende Tiere, mit natürlicher Ernährung, haben einfach ihren Preis. Und unsere Gesundheit auch.
Alles Liebe und bleibt gesund!
Euer Andreas Binninger