Marathon ist gefährlich – Das Leben auch, man könnte sterben
„Riskanter Extremsport: Marathon ist Oktoberfest“, titelte Spiegel online zwei Tage vor dem Berlin-Marathon.
Wie Ihr wisst, setze ich mich persönlich vielfach für Gesundheit ein. Im Allgemeinen sowie im Sport. Und prompt wurde mir der Artikel von jemandem auf Facebook unter die Nase gerieben.
Mir macht Marathon großen Spaß und ich vermittle auch anderen gerne die Freude, die ich an diesem Sport habe. Doch wie passt das zusammen? Jemand, der sich für Gesundheit einsetzt, befürwortet einen Risikosport? Ich möchte dazu Stellung nehmen.
Zunächst, diese medientypische Negativberichterstattung, das kennt man ja inzwischen. Nicht nur Sex sells, auch Bad News verkaufen sich besser, als andere Nachrichten. Als ob wir nicht schon genug Sch…. um die Ohren hätten. Terror, Krieg, Hunger, Katastrophen, die Welt kommt nicht zur Ruhe. Ein ganzer Artikel nur über die Risiken und Fehler beim Marathonsport. Was ist mit den positiven Seiten?
Ich war da. Beim Berlin-Marathon. Was mich dort emotional am meisten bewegt hat, war diese unglaublich positive Gemeinschaft von Läufern aus der ganzen Welt, auf die ich dort gestoßen bin. Du erlebst sie schon vorher in der Stadt beim Sightseeing, Du läufst gemeinsam mit ihnen den Marathon und Du stehst mit zigtausenden von ihnen friedlich vereint in der Startaufstellung. Ohne Gewalt, ohne Aggressionen. Egal, welche religiöse oder politische Weltanschauung sie haben. Alle sind dort mit dem gleichen Ziel: Ankommen. Der eine mehr, der andere weniger ambitioniert. Auch das ist für mich Marathon. Ein unglaubliches Zeichen der Völkerverständigung für unsere krisengeschüttelte Welt. Sport verbindet. Darüber sollte man auch mal berichten. Das können wir im Moment gut gebrauchen.
Inhaltlich gebe ich dem Spiegel-Artikel in einigen Punkten Recht. Etliche Sportler sind tatsächlich nicht richtig vorbereitet. Und es existieren Risiken. Zu einer seriösen Berichterstattung gehört es dazu, das zu erwähnen. Es gab mit Sicherheit in Berlin wieder etliche Verletzungen und Überlastungen an Muskeln und Gelenken. Wie bei jedem Marathon. Doch guckt Euch mal die Fußballer, Handballer und Footballer an. Hat da irgendeiner nix? Da ist Marathon fast harmlos gegen. Und was ist z.B. mit Motorsport, Kampfsport, Kiten, Skifahren, Fallschirmspringen? Wie viele Skiunfälle gibt es allein jeden Winter, mit teils schwerem Ausgang. Letztens bin ich beim Rollski fahren gestürzt. Hatte blöderweise die Schoner vergessen. Das Knie brauchte über drei Wochen zum Abheilen. Beim Marathon, ist mir das noch nie passiert. In Bezug auf das Verletzungsrisiko, sind doch wohl zahlreiche Sportarten noch weit vor dem Marathon zu nennen.
Etwas anders sieht es mit den Risiken für körperliche Erschöpfung und das Herz aus. Die sind beim Marathon da. Mehr als bei einigen anderen Sportarten. Das will ich nicht bestreiten. Neben der richtigen Vorbereitung, sind deswegen freiwillige medizinische Kontrollen und die Selbstverantwortung der Freizeitathleten gefragt. Mit Erkältung oder Schmerzmitteln beispielsweise, läuft man einfach keinen Marathon.
Ich habe in Berlin welche von den Sportlern gesehen, die vor Erschöpfung Hilfe brauchten. Bei jedem Marathon habe ich das bisher gesehen. Das ist leider so. Aber es ist immer nur ein kleiner Teil der Sportler. Ich frage Euch zum Vergleich, wie oft kommt der Krankenwagen zum Oktoberfest oder im Rheinischen Karneval, um halbtote Alkoholisierte abzuholen? Ich behaupte mal frech öfter, als bei allen deutschen Marathons zusammen.
Den langersehnten Wettkampftag, mag man durchaus wie in dem Spiegel-Artikel mit dem Oktoberfest vergleichen. Jedoch würde kein Mensch ernsthaft empfehlen, regelmäßig das Trinken zu üben, um auf dem Oktoberfest zu bestehen. Wer hingegen Marathon läuft, muss dafür trainieren. Er macht idealerweise dafür mehrmals die Woche (Lauf-)Sport. Und damit gehört er zu einer erschreckend kleinen Gruppe von Menschen unserer westlichen Welt, die weit gesünder Leben, als der Rest. Denn Bewegungsmangel, gehört zu den gefährlichsten Killern unserer Zeit. Manch einen hat erst die Herausforderung Marathon wieder dazu gebracht, regelmäßig etwas für sich zu tun. Und das begrüße ich absolut. Denn für mich steht das Risiko eines einzelnen Marathons in keinem Verhältnis zum gesundheitlichen Nutzen, den jemand durch regelmäßiges Laufen erzielt.
Das ganze Leben ist ein Risiko. Jede Sekunde könnten wir sterben. Und ständig müssen wir Nutzen und Risiken gegeneinander abwägen. Das Risiko Marathon kann man kalkulierbar machen. Durch richtiges Training und richtiges Verhalten. Wer darüber hinaus unvernünftig sein will, ist es so oder so. Es ist doch wie mit anderen Dingen. Rauchen schadet, „Saufen“ schadet, „Fressen“ schadet, die Leute machen es trotzdem. Obwohl sie um die Gefahren wissen.
Dass kritische Punkte in dem Artikel angesprochen wurden, finde ich gut. Dass er aber keinerlei positive Worte fand, empfinde ich als sehr bedauerlich. Ich begeistere mich für jeden, der laufen möchte. Egal ob kurz oder lang. Hauptsache, er tut etwas für sich. Und wenn jemand den Traum Marathon hat, werde ich das auch weiter befürworten, wenn er dabei auf seine Gesundheit achtet. Marathon hat Risiken. Als riskanten Sport, empfinde ich ihn nicht. Auf der Autobahn habe ich jedes Mal mehr Angst.
Alles Liebe und bleibt sportgesund!
Euer Andreas Binninger