Eiweißbedarf – Was ihr wirklich benötigt
Beim Eiweißbedarf denken manche je mehr, desto besser. Besonders, wenn es um den Muskelaufbau geht. Der Trend zu Sportriegeln mit hohem Eiweißanteil und anderen Eiweißnahrungsmitteln ist ungebrochen. Doch die Mengen, die wir tatsächlich benötigen, dürften euch überraschen. Sie sind niedriger, als oftmals angenommen. Neben der Menge, spielen auch die Qualität und die Zusammenstellung der Nahrungseiweiße eine Rolle. Man sollte es generell nicht mit den Proteinen übertreiben. Mehr dazu in diesem Beitrag. Bleibt sportgesund!
Es gibt nicht einen Wert für alle
Wer einen aktiven Lebensstil pflegt, fragt sich vielleicht des öfteren, welchen Eiweißbedarf er hat, um seine Muskeln und andere Körperstrukturen zu erhalten, zu reparieren oder aufzubauen. Schon diese verschiedenen Überlegungen zeigen auf, dass es nicht den allgemeingültigen Wert für alle geben kann, sondern nur Richtwerte, abhängig von der persönlichen Lebenssituation, dem Umfang der Aktivitäten, von Erkrankungen oder Verletzungen. Auch die Zusammenstellung der Nahrung hat einen Einfluss auf den Eiweißbedarf.
Was sagt die biologische Wertigkeit aus
Vielleicht habt ihr schon einmal von der biologischen Wertigkeit der Eiweiße gehört. Dieser Begriff drückt aus, wieviel körpereigenes Eiweiß in Gramm unser Körper aus Nahrungsmitteleiweißen herstellen kann. Der Hintergrund ist, dass wir zur Herstellung von Eiweiß sämtliche essentiellen Aminosäuren aus der Nahrung benötigen. Diese sind jedoch in verschiedenen Lebensmitteln in unterschiedlichen Mengen enthalten. Diejenige essentielle Aminosäure, deren Gehalt in einem Nahrungsmittel am geringsten ist, wird als die sogenannte limitierende Aminosäure bezeichnet.
Durch die Kombination verschiedener eiweißhaltiger Lebensmittel lässt sich der geringe Gehalt einer bestimmten Aminosäure in dem einen Lebensmittel mit einem anderen Lebensmittel ausgleichen. Eine optimale Eiweißversorgung besteht daher weder aus rein tierischen noch aus rein pflanzlichen Proteinen, sondern einer Mischkost.
Das Vollei als Maß
Als Standard für die biologische Wertigkeit dient das Vollei. Aus 100g seines Eiweißes können wir 100g körpereigenes Eiweiß produzieren. Kombiniert man jedoch 36 Teile Vollei mit 64 Teilen Kartoffeln, die eine biologische Wertigkeit von 98 haben, so ergibt sich eine Eiweißmischung, aus der unser Organismus 136g Eiweiß je 100g herstellen kann. Das hochwertigste Eiweiß, das aus nur einem Lebensmittel stammt, ist Molkenprotein, mit einer Wertigkeit von 104. Fleisch liegt bei etwa 90, Weizen bei ca. 60 und Sojaeiweiß bei 80.
Veganer brauchen mehr
Als Richtwert für die tägliche Eiweißzufuhr gilt für normal gesunde Erwachsene eine Menge von ca. 1g Eiweiß je Kilogramm Körpergewicht. Nach Verletzungen steigt der Bedarf deutlich an. Je nach Schwere auf ca. 1,5 bis 2g je kg Körpergewicht täglich. Diese Mengen werden in etwa auch benötigt, um im Sport Muskulatur aufzubauen. Bei sehr eiweißzehrenden Sportarten wie Kraftsport und im Leistungssport, kann der tägliche Bedarf sogar auf 2,5 bis 3g je kg Körpergewicht ansteigen. Diese Mengen beziehen sich im Groben auf eine Mischkost. Bei z.B. rein veganer Ernährung, sollten die Werte aufgrund der geringeren biologischen Wertigkeit vieler pflanzlicher Eiweiße leicht nach oben korrigiert werden.
Eiweiß alleine reicht nicht
Was von vielen oft übersehen wird, die optimale Verwertung von Nahrungsmitteleiweißen hängt nicht allein von den enthaltenen Aminosäuren und der biologischen Wertigkeit ab. Zahlreiche weitere limitierende Faktoren, wie Vitamine und Spurenelemente, die am Eiweißstoffwechsel beteiligt sind, bestimmen darüber, wie gut wir die Proteine nutzen können. Eine optimale Proteinversorgung sollte deshalb immer ganzheitlich betrachtet werden. Mahlzeiten sollten entsprechend ausgewogen zusammengestellt werden und Produkte für den Sportler oder Mahlzeitenersatz sollten auch hinsichtlich der Vitamine und sonstigen Bestandteile optimiert sein.
Herzlichst euer Apotheker Andreas Binninger